Historiker arbeiteten den Sachverhalt auf

Weleda und die Zeit zwischen 1933 und 1945
Weleda wurde 1921 gegründet und blickt heute auf eine lange, erfolgreiche Geschichte zurück. In diese Zeit fällt auch die nationalsozialistische Diktatur in Deutschland. Und wie viele andere Unternehmen haben auch wir intensiv erforscht, in welcher Situation sich Weleda damals befand und wie sich die Verantwortlichen in dieser Zeit verhalten haben.
Wie war die Situation für Weleda in der Zeit des Nationalsozialismus?
Als anthroposophisch orientiertes Unternehmen stand Weleda während der nationalsozialistischen Diktatur immer wieder am Rande eines Produktionsverbots, nachdem zum 1. November 1935 die Anthroposophische Gesellschaft in Deutschland verboten worden war. Weleda konnte nur deshalb weiter in Deutschland produzieren, weil es ein Schweizer Unternehmen ist und die Schweiz dem nationalsozialistischen Deutschland gegenüber eine neutrale Haltung einnahm.
In seinem Buch „Weleda von 1921 – 1945“ beschreibt der Historiker Uwe Werner die Gründung des Unternehmens und dessen Vision einer sozialen, ökologischen und ökonomischen Idee. Werner schildert darin auch die Zeit von 1933 bis 1945 und beschreibt sie als ein „Überleben in einem menschenverachtenden Umfeld“. Es habe sich zwar nicht um eine Form von aktivem Widerstand gehandelt, man könne aber von passivem Widerstand sprechen, so der Historiker. Seine Recherchen bestätigen, dass Weleda nicht in die menschenverachtende Politik der Nazi-Diktatur verwickelt war.
Hatte Weleda Kenntnis von Experimenten mit einer Frostschutzcreme an Häftlingen?
1943 lieferte Weleda einmalig 20 Kilogramm Frostschutzcreme an die Wehrmacht (1). Die Lieferung ging an die Münchner Privatadresse von Sigmund Rascher, der Stabsarzt bei der Luftwaffe war und für die SS geheime Versuche an Häftlingen im KZ Dachau durchführte. Weleda ahnte nicht, wozu die Creme bestimmt war. Rascher setzte im Konzentrationslager Dachau Häftlinge Unterkühlungsversuchen aus und verwendete dafür auch die Frostschutzcreme. Aufgrund der Geheimhaltungsstufe der Versuche wusste Weleda nichts von der Verwendung der Creme. Erst Ende der 1990er Jahre wurde dies aufgedeckt. Auch Weleda erfuhr erst zu dieser Zeit davon. Das Unternehmen bedauerte dies zutiefst und entschuldigte sich schriftlich bei der Aktion Kinder des Holocaust (AKdH). Außerdem öffnete Weleda sein Firmenarchiv für eine wissenschaftliche Aufarbeitung, in der festgestellt wurde, dass Weleda keine Kenntnis von den Experimenten mit der Frostschutzcreme hatte.
(1) Vgl. Uwe Werner, Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 361.
Wie war der Gärtner Franz Lippert mit Weleda verbunden?
Franz Lippert (2), der als Gärtnermeister den Weleda Heilpflanzengarten in Schwäbisch Gmünd angelegt und geleitet hatte, gab im Herbst 1940 seine Tätigkeit nach 16 Jahren bei Weleda in Schwäbisch Gmünd auf. Ab September 1941 leitete er den biologisch-dynamischen Anbau in den Anlagen der Deutschen Versuchsanstalt (DVA) in Dachau. Die „Kräutergarten“ genannte Anlage gehörte zum KZ Dachau. Lippert blieb bis März 1945. In dieser Zeit war er ausschließlich mit biologisch-dynamischem Anbau von Pflanzen beschäftigt. Er versuchte immer wieder, die Situation der Häftlinge zu erleichtern. Dies belegen eidesstattliche Erklärungen (3) von ehemaligen Häftlingen nach Kriegsende. Lippert, so der Historiker Uwe Werner in seinen Recherchen, „muss auch als Zeuge einer jahrelangen Verblendung gegenüber dem Regime gelten, dessen unmenschliche Natur ihm zu spät zum Bewusstsein kam.“ (4)
Das Spruchkammerverfahren gegen Lippert wurde im September 1948 mit der Begründung eingestellt, dass der Betroffene „überhaupt nicht belastet ist“ (5). Nach dem Ende seiner Tätigkeit bei Weleda im Herbst 1940 bestand zwischen Lippert und dem Unternehmen kein Kontakt mehr.
(2) Vgl. Uwe Werner, Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 330 ff
(3) Vgl. Uwe Werner, Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 332
(4) Vgl. Uwe Werner, Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 285
(5) Vgl. Uwe Werner, Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus, S. 334, Verweis 122
Wieso unterstützt Weleda die Stiftung Erinnerung Verantwortung, Zukunft (EVZ)?
Die Stiftung EVZ fördert Projekte zur Aufarbeitung der Geschichte, setzt sich für Menschenrechte ein und engagiert sich für die Opfer des Nationalsozialismus. Sie wurde im Jahr 2000 mit dem Auftrag gegründet, Zahlungen an ehemalige NS-Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter zu leisten. Das Gründungskapital wurde vom deutschen Staat und der deutschen Wirtschaft aufgebracht. Auch Weleda beteiligte sich, obwohl das Unternehmen keine Zwangsarbeiter beschäftigt hatte und es keine schuldhaften Handlungen gab. Weleda ist der Stiftung beigetreten, um sich der Mitverantwortung der deutschen Wirtschaft für das während des NS-Regimes begangene Unrecht zu stellen. Die Begründung der damaligen Unternehmensleitung lautete: „Die Weleda AG hat in ihrer Geschichte noch nie Zwangsarbeiter beschäftigt. Sie stellt sich aber der Mitverantwortung der Deutschen für das Unrecht, das Zwangsarbeiter unter der Naziherrschaft im Zweiten Weltkrieg erleiden mussten und ist deshalb bis Ende Dezember 2000 der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft mit einem entsprechenden Beitrag beigetreten.“
Kulturelle Vielfalt gehört zu Weledas Kernprinzipien
Faschismus, Antisemitismus, Nationalismus und Rassismus haben in unserem Unternehmen keinen Platz. Unsere Werte und unsere gelebte Unternehmenskultur stehen solchen, zutiefst unsäglichen und unmenschlichen Denk- und Handlungsweisen entgegen. Die kulturelle Vielfalt ist uns wichtig, sie ist inspirierend und kraftvoll. Weleda Niederlassungen gibt es in 22 Ländern. Wir pflegen einen respektvollen Umgang mit allen Menschen. Unsere Kernprinzipien, die uns seit unserer Gründung prägen, sind:
- Wir denken, fühlen und handeln ganzheitlich.
- Wir übernehmen Verantwortung für unser Handeln.
- Wir schaffen Vertrauen durch Offenheit und Aufrichtigkeit.
- Wir handeln wirtschaftlich nachhaltig, denn wirtschaftlicher Erfolg ermöglicht unser Handeln.
- Wir begeistern Menschen für die Kraft der Natur.
Quellen
Werner, Uwe: Anthroposophen im Nationalsozialismus (1933-1945). Oldenbourg Verlag, München 1999.
Werner, Uwe: Das Unternehmen Weleda 1921 – 1945, 1. Aufl., Berliner Wissenschafts-Verlag, 2014.
Heisterkamp, Jens: Schatten der Vergangenheit, in: akdh.ned, http://www.akdh.ch/ps/ps_44Heisterkamp.html
Sonntags Zeitung, Arlesheim/Schweiz: Crème für KZ Weleda bedauert, in: akdh.ned, http://www.akdh.ch/ps/ps_05.html