Babywelt

Langzeitstillen – Wie lange darf ich mein Kind stillen?

Wenn stillen Mama und Kind gut tun, gibt es keinen Grund, damit aufzuhören. Anja Constance Gaca ist Hebamme und Still- und Lakationsberaterin. Sie gibt Auskunft über das Langzeitstillen - das Stillen bis ins Kleinkindalter. Was gibt es zu beachten bei einem längeren Stillen und wann ist ein guter Abstillzeitpunkt?

Liebe Anja, gibt es eine Norm fürs Stillen? Wie lange soll ein Baby gestillt werden und wie und wie merkt man, wann man mit dem Stillen aufhören sollte?
Das natürliche Abstillalter liegt eigentlich bei zwei bis vier Jahren. Das heisst, ein längeres Stillen bis ins Kleinkindalter wäre eigentlich normal, aber durch unsere Gesellschaft, die beruflichen Verpflichtungen der Frau und auch durch unsere kulturell geprägten normativen Vorstellungen übers Stillen hat sich bei uns das Stillen aufs Babyalter begrenzt. In unserer Kultur ist es sogar fast Tabu, ein Kleinkind noch etwas länger zu stillen. Sobald die Grenze vom Baby zum Kleinkind überschritten ist, wird es als Norm angesehen, nicht mehr zu stillen und mit der Beikosteinführung hört bei vielen Müttern und Kindern die Stillbeziehung auf. Stillen ist jedoch normal, so lange es schön ist für Mutter und Kind. Oft tut das Stillen beiden gut und es ist schade, dass in unserer Kultur Langzeitstillen nicht mehr als normal angesehen wird.

Was sind deine Empfehlungen als Stillberaterin in Bezug auf ein mögliches Abstillalter? Und wie lange ist Muttermilch fürs Baby oder das Kleinkind überhaupt sinnvoll?
Ein längeres Stillen ist durchaus sinnvoll und das Stillen bis ins Kleinkindalter hat viele Vorteile, nicht nur fürs Kind, sondern auch für die Mutter: Muttermilch ist die natürlichste und wertvollste Nahrung fürs Kind. Mit der Muttermilch erhält das Baby einen natürlichen Immunschutz und hat nachweislich weniger Infekte als Flaschenkinder. Auch haben Stillkinder weniger Magen-Darm Probleme und der Kiefer entwickelt sich durchs Saugen an der Brust gut. Stillen fungiert zugleich als Trost und Beruhigung, beim Stillen erhält das Kind viel Körperkontakt und es kann sein Saugbedürfnis stillen. Für die Mutter wird durch das Stillen das Brustkrebs- und Eierstockkrebsrisiko gesenkt. Aus diesen Gründen empfehlen wir ein Stillen nach Möglichkeit bis zum zweiten Geburtstag des Babys. Manchmal funktioniert das Stillen jedoch nicht mehr oder das Kind verlangt nicht mehr nach der Brust. Die Stilldauer sollten deshalb Mutter und Kind für sich selbst entscheiden.

Was raten Sie Müttern, die länger stillen wollen?
Befreien Sie sich von externen Einflussfaktoren und hören Sie auf die eigene Intuition. Aus meiner Erfahrung hat sich das Stillen nach Bedarf bewährt. Das kann bedeuten, dass vielleicht nur noch ein- bis zweimal pro Tag gestillt wird, zum Beispiel beim Aufwachen oder vor dem Schlafen gehen. Oder auch mal einen Tag gar nicht. Vom Aspekt der Ernährung ist das Kind ja nicht mehr vom Stillen abhängig und so kann eben nach Bedarf gestillt werden, wenn Ihr Kind danach verlangt.

Stillen ist grundsätzlich so lange gut, wie Mutter und Kind das möchten und beiden gut tut. Bei Unsicherheiten können Sie sich Rat und Unterstützung bei einer Hebamme, Stillberaterin oder in einer Stillgruppe suchen. Der Austausch mit anderen Frauen und deren Stillerfahrungen kann eine Bereicherung sein.
Anja Constance Gaca

Was gibt es zu beachten, wenn man sein Kind gerne länger stillen möchte?
Wenn die Zähne wachsen, erhält das Stillen eine neue Dimension und viele stillen ab und beginnen mit der Beikosteinführung. Es ist jedoch auch ein längeres Stillen möglich. Wenn ein Kind beim Stillen beisst, merkt es normalerweise an der Reaktion der Mutter, dass dies nicht gewünscht ist. So stellen sich Mutter und Kind aufeinander ein. Normalerweise stillen sich Kinder selbst ab, das heisst, sie verlangen nicht mehr nach der Brust. Man wächst rein, wenn man länger stillen will. Stillgruppen sind zum Beispiel eine wertvolle Hilfe, um sich mit anderen Frauen auszutauschen.

Welche Empfehlungen gibt es zum Abstillen? Welches ist der richtige Zeitpunkt, um mit dem Stillen aufzuhören?
Das Abstillalter ist eigentlich ganz individuell und wie beim Stillen bewährt es sich auch hier, auf die eigene Intuition und die des Kindes zu hören. Folgende Faktoren beenden das Stillen:

  • Das Kind will nicht mehr an der Brust trinken oder verlangt nicht mehr danach, gestillt zu werden.
  • Die Mutter möchte oder kann nicht mehr stillen. Stillen ist in Ordnung, solange es für die jeweilige Mutter gut ist.

Hebammensprechstunde: Warum Stillen?

Anja Constance Gaca

Freiberufliche Hebamme

Sie ist Mutter von vier Kindern und schreibt als Autorin und Bloggerin gemeinsam mit ihrem Mann auf von guten Eltern. Anja ist spezialisiert auf die Themen Wochenbett, Beikosteinführung und gibt Tipps für eine glückliche Paarbeziehung als Eltern.